„Keinen Keil zwischen Geimpfte und Ungeimpfte treiben“ | Württembergischer Fußballverband e.V.

Nördlicher Schwazwald

„Keinen Keil zwischen Geimpfte und Ungeimpfte treiben“

Ein kleiner Piks für den Einzelnen – ein großer Schritt für die Menschheit: So etwa könnte man in leicht abgewandelter Form eines bekannten Zitats beschreiben, wie und wann und ob wir alle gemeinsam die Pandemie Corona bezwingen können. Für alle, die das Wort „bezwingen“ eher illusorisch sehen, formulieren wir um und stellen die Frage: Wie können wir künftig mit Corona umgehen?
Der Württembergische Fußballverband (WFV) wirbt fast schon flehentlich darum, dass sich Spieler aller Klassen impfen lassen sollen, um unseren geliebte Fußballsport und den dazu gehörenden Spielbetrieb aufrechterhalten zu können. Bislang war die Zahl ausgefallener Spiele zwar, flächendeckend gesehen, relativ gering, aber mit einkehrender kalter Jahreszeit belegen die Zahlen einen deutlichen Anstieg infizierter Personen. Die Intensivbettenauslastung, so Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha, werde wohl bis Ende des Monats die kritische Marke erreichen.
Ausfälle in Spielbetrieb Fußball sind zwangsläufig auch (mehr) zu erwarten. Am vergangenen Sonntag mussten in der hiesigen Bezirksliga gleich zwei Spiele wegen zu vieler infizierter Spieler bei den TSF Dornhan und des SV Vollmaringen abgesagt werden. Den SV Glatten (Kreisliga A1) hat es gleich zu Beginn der Saison erwischt. Ebenso die SGM Talheim (A2).
Dass gerade jetzt das nationale Aushängeschild Joshua Kimmich öffentlich erklärte, sich nicht impfen lassen zu wollen, weil ihm die Risiken einer Impfung zu groß sind und er noch Bedenken hat, was Langzeitstudien angehe – das passte natürlich nicht in Impfkampagnen der Fußballverbände und schon gar nicht in den Kram derer, die nur durch eine deutliche steigende Anzahl geimpfter einen halbwegs „normalen“ Umgang mit „Sars CoV-2“ sehen. Er sei sich zwar seiner Vorbildfunktion bewusst, sagt Joshua Kimmich. Er halte sich auch an die Hygienemaßnahmen und werde alle zwei, drei Tage getestet. Und ein Impfgegner sei er auch nicht. Vielleicht lasse er sich doch bald impfen. Aber alle Aussagen sind für laufende Impfkampagnen nicht gerade förderlich.
Und wie halten es die Fußballvereine im Bezirk? Die „kleinen Vereine“ an der Basis also, die vermeintlich froh sind, dass sie alle wieder kicken dürfen und endlich mal wieder eine Saison zu Ende bringen wollen. Wir haben in einer kleinen Umfrage, quer durch die Ligen im Nördlichen Schwarzwald, einzelne Vereine darum gebeten, folgende Fragen zu beantworten: Wissen sie, wie viele ihrer Spieler geimpft sind? Was tun sie, um impfunwillige Spieler zu überzeugen, sich impfen zu lassen? Wie oft wird im Team getestet? Ihre persönliche Meinung: Ist (Stand heute) eine reguläres Ende dieser Spielzeit zu erwarten?

Sebastian Lazar (SV Eutingen): „Es zeigt sich in unserem Verein neben einer sehr hohen Impfbereitschaft teilweise auch Impfskepsis, wie das in der Gesellschaft insgesamt der Fall ist. Natürlich kann ich im persönlichen Gespräch darlegen, weshalb ich mich sofort für eine Impfung entschieden habe (Vertrauen in Zulassungsverfahren, großer Nutzen bei überschaubaren Risiken). Es gehört aber zur Wahrheit dazu, dass wir weder die rechtliche Kompetenz noch die praktische Möglichkeit haben, sämtliche Vorgaben tagtäglich zu kontrollieren. Unser wichtigstes Mittel ist daher eine umfassende Kommunikation der geltenden Regeln. Zum Ausblick: Ich habe es persönlich für einen Fehler gehalten, dass im letzten Jahr sämtliche Sportaktivitäten auch im Außenbereich – sogar für Kinder – für eine so lange Zeit untersagt wurden. Daraus haben wir sicher gelernt und können den Spielbetrieb aufrechterhalten, indem beispielsweise auf Umkleiden verzichtet wird.“

Rajko Pajdic (SV Glatten): „Generell ist es bei uns so, dass nur vier von 36 Spielern nicht geimpft oder genesen sind. Von daher sind wir gut aufgestellt. Für mich ist das aber immer eine Sorge, wenn ich die Kampagne wie jetzt vom WFV höre, wie wichtig es ist, sich zu impfen. Im Prinzip sollte das jeder für sich selber entscheiden dürfen. Es ist dann auch schlecht, wenn sich der Verband von der Politik zwingen lässt, vehement dafür zu werben anstatt sich für die Vereine stark zu machen und der Basis den Sport zu lassen. Wenn die Politik morgen beschließen würde, es würde eine Zwei-G-Regelung geben, dann würde der WFV da hundertprozentig mitziehen und sich als größter Verband nicht dagegenstellen. Das wäre schade, denn dadurch verlieren viele Spieler die Möglichkeit, Fußball zu spielen. Das treibt dann einen Keil zwischen Geimpfte und Ungeimpfte und das sollte einfach nicht sein. Wir als Verein befolgen komplett die Maßnahmen auch des Verbandes. Wir testen nach wie vor jeden nicht geimpften oder genesenen Spieler. Wir haben im Verein Mitglieder geschult, um Selbsttests abnehmen zu können und geben dadurch allen Mitgliedern die Möglichkeit, beim Sport dabei zu sein. Das ist uns als Verein wichtiger, als einen Keil zwischen Geimpfte und Ungeimpfte zu treiben. Wir hatten zwar das Impfmobil des Landkreises in unserer Sportwoche da, aber wir werden nie versuchen, jemandem in seinem Persönlichkeitsrecht zu überzeugen, weil das jedem seine eigene Entscheidung sein muss. Meine persönliche Meinung ist, dass es eine Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber ist, sich impfen zu lassen. Aber nochmal: Druck wird es von uns an unsere Mitglieder nie geben.“

Matthias Illg (SV Musbach): „Eigentlich will ich mich zu dem Thema nicht wirklich äußern, ich halte es eher so wie Joshua Kimmich: Es sollte auch jedem selbst überlassen werden, ob oder ob man sich nicht impfen lässt. Es gibt ja genügend Gründe, die dafür oder dagegen sprechen. So halte ich es auch in der Mannschaft. Wir haben eine Corona-Beauftragte, die sich um alles kümmert und das auch mit den Gegnern klärt. Sie sammelt die Impfnachweise oder eben die tagesaktuellen Tests. Ich mag mich nicht an den Diskussionen beteiligen, auch weil ich ganz sicher nicht irgendjemand aufgrund von irgendwas diskriminiere, diffamiere, mobbe oder gar gegen jemand hetze. Man sieht ja jetzt bei Kimmich, wie gegen ihn gegangen wird. Leider gibt es bei diesem Thema nur Pro oder Kontra. Ich denke und gehe auch davon aus, dass die Runde zu Ende gespielt wird“.

Marcel Hezel (TSG Wittershausen): „Bei uns sind zirka 95 Prozent der Spieler geimpft, soweit mein Stand. Wir tun aber gar nichts, um jemanden zu „bekehren“, weil es uns nicht zusteht. Jeder soll dies selbst für sich entscheiden, wann er geimpft werden soll. Was hier mit Joshua Kimmich gemacht wird, finde ich eine Frechheit. Tests selbst führen wir momentan keine durch. Sollte es einen Verdachtsfall geben, gehen alle Beteiligten unverzüglich zum Arzt/ Testzentrum, um sich testen zu lassen. Dies war seit Beginn der Vorbereitung zum Glück nur ein Mal der Fall. Ein reguläres Ende empfinde ich als sehr realistisch. Meiner Meinung nach verlaufen die Runden im Allgemeinen (alle unteren Ligen, die ich verfolge), fast reibungslos ab. Dass immer mal wieder ein Ausfall dabei sein kann, ist halt so, jedoch hält sich dies sehr in Grenzen. Von dem her ist ein ‚Durchziehen‘ der Runde unausweichlich. Noch ein Abbruch würde noch mehr Abgänge einzelner Spieler bedeuten und eine noch größere finanzielle Probe für Vereine darstellen.“

Timo Frank (ASV Bildechingen): „Im Prinzip wissen wir, wer geimpft oder genesen ist. Zum einen bieten wir den ungeimpften Spielern vor den Spielen die Möglichkeit an, sich unter Kontrolle testen zu lassen. Zum anderen wissen wir das natürlich auch, wenn sie das Sportheim betreten, wenn sie den entsprechenden Nachweis zeigen. Von dem her wissen wir da sehr gut Bescheid. Wir haben bereits in der Sommervorbereitung mit der Mannschaft beim Trainingswochenende das Gespräch zum Thema Impfen gesucht. Dort wurde von unserer Seite auch auf die mögliche Verschärfung der Drei-G-Regelung und das Ende der kostenlosen Tests hingewiesen. Wir haben auch auf den zu erwartenden Mehraufwand bei uns im ASV und im Sportheim, die zusätzlichen Kontrollen beim Training und im Spiel hingewiesen. Letztendlich war es ein sehr konstruktives Gespräch, aber jeder Spieler ist für sich selbst verantwortlich und muss nach Aufklärung durch seinen Hausarzt sich selber dazu entschließen oder entscheiden, ob er sich impfen lassen will. Von uns wird in der Hinsicht kein Druck aufgebaut. Ein reguläres Ende der aktuell laufenden Spielzeit wäre für alle Beteiligten ungemein wichtig und wünschenswert, dass sie die Saison zu Ende spielen können. Ganz ehrlich: Ich habe da schon etwas Bauchweh und Zweifel, ob das so gelingen wird.“

Sven Katz (VfL Hochdorf): „Wir haben im VfL Hochdorf tatsächlich eine überdurchschnittlich hohe Impfquote über alle Spieler hinweg. Dies macht uns den Umgang mit der Pandemie in vielen Bereichen einfacher. Die wenigen Spieler, die nicht geimpft sind, wurden gefragt, ob sie nicht dazu bereit wären, um sich und andere zu schützen. Am Ende muss es aber jeder für sich selbst entscheiden. Dass die Saison regulär zu Ende gespielt wird, davon gehe ich im Moment aus. Ich glaube, dass insgesamt, wie bei uns, unter den Spielern mehr Geimpfte sind als im Durchschnitt insgesamt. Außerdem ist laut Studien die Ansteckungsgefahr beim Fußball nicht sehr hoch. Das weitaus größere Risiko geht von den Zuschauern aus. Vielleicht werden wir noch Spiele ohne Zuschauer sehen. So könnte ich mir vorstellen, dass auch bei einer hohen Hospitalisierungsrate die Saison durchzubringen ist.“
„Kimmich war da nicht gut beraten“

Auch im Vorstand des Fußballbezirks Nördlicher Schwarzwald ist das Thema Corona allgegenwärtig. Bezirksvorsitzender Edgar Pakai störte sich etwas an den Aussagen von Joshua Kimmich: „Ich denke, da war er nicht gut beraten sich so zu äußern. Das war kein gutes Signal“, kritisierte Pakai den Bösinger in Diensten des FC Bayern München. „Er weiß doch, was für eine Außenwirkung das hat, wenn man so ein Fass aufmacht.“ Spielleiter Martin Stede hat zum Thema Corona und Impfen seine eigene Meinung, die er aber niemand aufdrängen wolle. „Aber ich habe im privaten Bereich ein Problem damit, wenn ich als Geimpfter möglicherweise darunter leiden muss, wenn anderen das Wohl der Allgemeinheit egal ist.“