Sechzehn Tore, viele Medaillen und eine rote Karte | Württembergischer Fußballverband e.V.

Inklusion: Der SV Vollmaringen und die Lebenshilfe Nagold präsentieren ein inklusives Fußballspiel mit vielen Höhepunkten

Sechzehn Tore, viele Medaillen und eine rote Karte

Inklusion: Der SV Vollmaringen und die Lebenshilfe Nagold präsentieren ein inklusives Fußballspiel mit vielen Höhepunkten

Martin Leiser spielt in der Freizeit gerne Fußball. Im Team der „Lebenshilfe Nagold“ ist Leiser Torwart und großer Fan des FC Bayern München. Deshalb freut er sich auch sehr, wenn er nicht mit seinem eigenen Namen, sondern mit Manuel Neuer angesprochen wird. „Mit dem würde ich gerne einmal reden und Tipps von ihm holen“, sagt der sympathische Mann.

Dass er aber auch ohne Tipps seines Vorbilds schon viel kann, das hat Leiser im Spiel seines Teams gegen die erste Mannschaft des SV Vollmaringen gezeigt. Der Trainer habe ihm gesagt, er müsse sich bei flachen Bällen noch ein bisschen besser werfen, erklärt Leiser. Und genau das hat er in dem Spiel auch gezeigt. Nur vier Gegentore hat er kassiert. Alle unhaltbar. Mindestens genau so viele Bälle hat er gehalten und damit weitere Gegentore verhindert.

Leiser wird dafür von Mitspielern, vom Gegner und von den Zuschauern gefeiert. Nach der Pause macht er trotzdem bereitwillig Platz in seinem Tor. Für Tabea Seeger – wie vorher abgesprochen. Auch sie hat diesem großen Auftritt schon lange entgegengefiebert. In der Halbzeitpause des Spiels wird sie von Promis, etwa Nagolds Oberbürgermeister Jürgen Großmann, vom Elfmeterpunkt aus warm geschossen. Sie hält gut – so gut, dass am Ende kein Promi das Elfmeterturnier gewinnt, sondern Tabea Seeger den Siegerpreis erhält.

Gelebte Inklusion: Das ist es, was der SV Vollmaringen in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Nagold schon seit 35 Jahren betreibt. Weibliche oder männliche Spieler in einem Team, ob mit oder ohne Behinderung, das spielt keine Rolle. Der Spaß zählt hier. Und ein ganz kleines bisschen das Ergebnis. Doch auch in dem Punkt waren sich die beiden Teams einig: Verlierer hatten bei diesem ganz besonderen Fußballspiel keinen Platz auf und neben dem Platz.

Faires Unentschieden

Das Spiel endete 8:8. Jürgen Kistner, Chefkoordinator in der Zusammenarbeit zwischen Lebenshilfe und SV Vollmaringen, überreichte nach dem Spiel jedem Akteur eine Medaille. Die Freude darüber: unbeschreiblich. Vor dem Spiel sorgte der Vollmaringer Musikverein mit Marsch und Polka für Stimmung unter den rund 300 Zuschauern. Die intonierte Nationalhymne direkt vor dem Spiel erzeugte Gänsehaut.

Kurzer Blick ins Tor des SV Vollmaringen: Dort steht „Vereinsmaskottchen“ Philipp Brenner. Besser gesagt: Brenner steht nicht – er kniet. Ein Verkrümmung seiner Beine machen ihm das Stehen und Laufen schwer. Er wählt deshalb eine Ruhestellung, die ihm die Zeit während des Spiels erträglicher macht. Über seine acht Gegentore („die waren alle unhaltbar“) ärgert er sich nicht. Er freut sich vielmehr über jeden gehaltenen Ball und die anerkennende Kommentare seiner Fans. Sogar einen Elfmeter konnte Brenner abwehren.

Kasten Bier für rote Karte

Für Philipp Brenner war das Spiel freilich eine Minute früher zu Ende als für alle anderer. Schiedsrichter Markus Teufel, der an der Linie von Rudi Joos und Willi Miller assistiert wurde, zeigte Brenner Sekunden vor dem Abpfiff noch die rote Karte, und zwar wegen Schiedsrichterbeleidigung. Die Gesten und das herzhafte Lachen aller Beteiligten signalisiertenaber deutlich: Ganz so ernst war das nicht gemeint, sondern eher als weitere willkommene Unterhaltungseinlage in diesem so besonderen Spiel. Den Kasten Bier für „Rot“ wird Brenner trotzdem ausgeben müssen.

Kurzer Teamwechsel: Maik Bertram erzielte für die Lebenshilfe das erste und wohl auch schönste Tor des Tages. Gekonnt ließ er gleich drei Vollmaringer Verteidiger stehen und zimmerte das Leder ins Tordreieck. „Ich bin halt schon schnell“, sagt Bertram im Kurzinterview nach dem Spiel. Ob das Spiel und die Tore – drei hat er insgesamt erzielt – etwas Besonderes für ihn waren? „Ja schon. Aber so ganz besonders auch wieder nicht. Ich habe ja sonst auch schon einige Tore geschossen“, erzählt er in aller Bescheidenheit.