Von der Ersatzbank zum Pokal-Helden | Württembergischer Fußballverband e.V.

Freudenstadt • Fußball-Bezirkspokalfinale

Von der Ersatzbank zum Pokal-Helden

03.08.2020 Von Sascha Eggebrecht (neckarchronik)

Nach 30 Jahren hat der SV Baiersbronn mal wieder den Pott geholt. Das Team besiegte die SG Vöhringen in Freudenstadt mit 8:7 nach Elfmeterschießen. SVB-Ersatztorwart Felix Gaiser wird diesen Tag nie mehr vergessen.

Wenn im gestrigen Pokalendspiel alles normal verlaufen wäre, dann wäre der Name Felix Gaiser wohl nur einmal vom Stadionsprecher Gerd Fuss bei der Verlesung der Aufstellung zu hören gewesen. Mehr auch nicht. Punkt. Da gestern aber nichts normal war, schrieb Gaiser, der Ersatztorwart des neuen Bezirkspokalsiegers SV Baiersbronn, Pokalgeschichte. Denn nach seiner Einwechslung in der 61. Minute – Stammkeeper Marcel Linke musste mit einer Fußverletzung aus dem Spiel – mutierte der bescheidende Held zum Matchwinner.

Zu diesem Zeitpunkt führte seine Mannschaft sicher mit 2:0. Wohl niemand im weiten Oval des Freudenstädter Stadions hätte auch nur einen Pfifferling auf ein Comeback der Vöhringer in diesem Endspiel gesetzt. Die Gründe lagen ganz einfach auf der Hand: den SGV-Spielern fehlte es an Tempo und der Kopf schien auch zu langsam zu sein. So sah es auf jeden Fall Vöhringens Spieler Denis Gonszcz: „Insgesamt haben wir in der ersten Hälfte viel zu lasch gespielt“, kritisiert er das gesamte Auftreten seiner Jungs.

Die Quittung bekam er und seine Spieler in Form von zwei Gegentoren präsentiert. Janik Frei verwandelte zunächst einen Strafstoß sicher zur Führung (8.). Marc Schlotter hatte Marc Hitzel zu Fall gebracht. Danach hätte der SV Baiersbronn schon frühzeitig alle Weichen auf Pokalsieg stellen können, doch der Bezirksligist ging viel zu fahrlässig mit seinen Torchancen um. SVB-Spielertrainer Marvin Lutz hatte dann auch nur diese Schwäche zu beklagen: „Da hätten wir den Sack schon zu machen müssen.“ Trotz etlich vergeigter Tormöglichkeiten ging der SVB aber dann doch mit einer beruhigten 2:0-Führung in die Pause. Einen Pfostenabpraller von Sebastian Braun nahm Marc Hitzel dankend an und schob zum 2:0 (40.) ein. Die Partie schien aufgrund der grottenschlechten Vorstellung der Vöhringer entschieden.

Doch in der zweiten Hälfte überschlugen sich dann die Ereignisse auf dem Platz. Zunächst wechselte SGV-Spielertrainer Gonszcz gleich dreimal. Ein gelungener Schachzug. „Danach waren wir viel aktiver auf dem Platz und waren nun in der Lage, Baiersbronn mit unserem Spiel unter Druck zu setzen“, sagt Gonszcz, der aber zunächst mitansehen musste, wie in kürzester Zeit gleich drei Spieler verletzt vom Platz mussten.

Für Mike Beilharz und seinem Baiersbronner Gegenspieler Sebastian Braun war nach einem Zusammenprall (50.) das Endspiel gelaufen. Beide mussten mit einer Kopfverletzung vom Platz. Nur ein paar Minuten später musste SVB-Torwart Marcel Linke mit der Trage abtransportiert werden. Bei seiner Rettungsaktion – als er einen Kopfball von Tobias Tews an die Latte lenkte – verletzte er sich am Knöchel. Nun hatte die Stunde des Ersatztorwarts Felix Gaiser geschlagen. Er wusste dann auch, warum die Vöhringer nochmal zurück ins Spiel kamen: „Ich bin spielerisch nicht so stark wir Marcel, daher sind die Vöhringer immer wieder gefährlich vor unser Tor aufgetaucht“, sagt Gaiser.

Eine gute Viertelstunde vor Schluss war es dann auch so weit: SGV-Zugang Nico Hellstern verkürzte zum 1:2. Nun war allen
klar, dass hier noch alles im Bereich des Möglichen war. Eine Minute vor Schluss schoss Tobias Tews sein Team dann doch noch in die Verlängerung. Der Jubel war noch gar nicht ganz verhallt, da bekamen die Vöhringer einen weiteren Nackenschlag: Tom Schmid musste nach einem Foul von hinten in die Beine von Kevin Braun mit Rot vom Platz.

Geschwächt gingen die Vöhringer nun in die Verlängerung, in der beide Mannschaften Chancen zum Sieg hatten. Für den größten Aufreger in dieser Extra-Time sorgte dann Vöhringens Torwart Daniel Dittmann. Ein abgefälschter Freistoß von Kevin Braun landete vor den Füßen von Janik Frei. Doch Dittmann war schneller und schnappte sich den Ball. Die Szene schien bereits beendet, als Dittmann Frei dann mit einem Art Bodycheck zu Boden brachte. Die Folge war klar: Rot. Somit schwächte sich Vöhringen direkt vor dem Elfmeterschießen noch einmal selbst. Gonszcz nahm seinen Keeper zwar in Schutz, sprach aber auch „von einer echten Dummheit.“ Benjamin Hauser übernahm die Verantwortung und stellte sich in den Kasten.

Die ersten zehn Schützen trafen alle mehr oder weniger sicher. Dann musste Paul Sieg vorlegen und scheiterte an Gaiser. „Ich habe mir vorher die Schützen immer genau angesehen. Dann habe ich mich für eine Ecke entschieden. Beim letzten Schuss der Vöhringer hatte ich auch Glück“, sagt er bescheiden. Danach verwandelte Joshua Beck sicher und der erste Pokalsieg der Baiersbronner nach 30 Jahren war perfekt. Klar, dass die SVB-Fans vor allem einen sehen wollten: ihren Torwart-Helden.

SG Vöhringen: Dittmann, Beilharz (50. Schöninger), Schlotter (46. Paul Sieg), Hauser, Edwin Sieg, Hellstern, Tews, Heizmann (46. Gonszcz), Mansfeld, Becker (46. Groh), Schmid

SV Baiersbronn: Linke (61. Felix Gaiser), Beck, Kneißler, Lukas Gaiser, Lutz, Günther, Finkbeiner (76. Benz), Frei, Kevin Braun, Hitzel (96. Stockburger), Sebastian Braun (52. Hauser)Von der Ersatzbank zum Pokal-Helden

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